Schon als das Flugzeug noch auf der Landebahn in Cancun zum Terminal rollt, schauen wir gebannt auf den dichten Dschungel, der hinter dem Flughafenzaun überbordend üppig wuchert, als würde der Zaun gleich platzen und die ersten Kokosnüsse und Ananas auf die Landebahn kullern. Wir wetten also erstmal um ein Eis, wer von uns beiden den ersten Affen zu sehen bekommen wird.  

Etwas später dann schieben wir den Gepäckwagen durch die Glastür des Terminals, die die neutral klimatisierte, umhegte Reisewelt aller Flughäfen von der Realität da draußen trennt. Statt des erwarteten Klima-Schocks legt sich ein warmer, feuchter, leicht duftender Wind wie angenehm vorgewärmte Bademäntel um uns. Die Luft fühlt sich tropisch und warm an, ohne zu schwül zu sein, duftet leicht nach Feuchtigkeit und irgendwelchen Blüten und die wie zufällig angestellten Rasensprenger neben dem Eingang wehen mit dem Wind einen erfrischenden Nebel um uns. Das warme Klima, die Sonne und der tolle Wind auf unserer Haut umarmen uns also für ein herzliches Willkommen und machen klar, dass wir uns hier einfach nur wohlfühlen werden! Hinter dem Rollfeld senkt sich die Sonne langsam zum Horizont und taucht das Flughafengebäude und den flauschigen Abendhimmel in goldenes Licht. Sofort sind wir gefühlsmäßig zurück auf Reise, als wären wir letzte Woche noch auf Bali oder in Brasilien oder sonstwo gewesen, statt die letzten 4 Jahre zu Hause. 

Aber noch sind wir nicht am Ziel, mit zu Hause vorgebuchtem Flughafentransfer wollen wir noch bis Tulum weiterfahren. Wir suchen nach Leuten von der Busgesellschaft, suchen einen Geldautomaten und versuchen, uns nicht wie Touristen beschwatzen zu lassen. Nach etwas hin und her, einem Typ (mit selbst gebastelten Flughafen-Mitarbeiter-Schild!), der uns erklärt, unser Transport wäre schon weg und wir sollten warten oder ein Taxi nehmen, und viel Einlaufen durch „Do-not-enter“-Ausgänge haben wir unseren Pick-up gefunden und es geht im Sonnenuntergang los in Richtung Playa del Carmen und Tulum. Alles ist großartig. 

Später im Hostel gibt es noch eine Salsa-Band mit Bier und Mojito (und ja, sie spielen, als gäbe es keine Klischees auf der Welt, auch Buena Vista Social Club). Die Stimmung ist supergut, der unausweichliche Jenga-Turm steht bereit und der laue tropische Wind weht uns weiter durch die Haare. Wir sind also erstmal genau da angekommen, wo diese Reise hinführen sollte!   

Unser erster Tag in Mexiko beginnt mit Kaffee und mexikanischem Frühstück: Sara isst Quesadillas mit Chorrizo-Wurst und ich futtere Nachos, die mit Käse überbacken und anschließend unter irgendeiner mega-scharfen grünen Sauce begraben wurden. Vielleicht esse ich morgen wieder was anderes, aber fürs Erste bin ich ziemlich wach. Anschließend machen wir uns auf geliehenen Rädern auf den Weg zu den Maya-Ruinen am Strand. Die Sonne strahlt aus einem wolkenlosen blauen Himmel. Nach kurzem Erfrischungsstopp bei Seveneleven, wo ich Sara ungeniert den Saft wegtrinke, geht’s durch den Park/Dschungel zu den äußerst malerisch auf Klippen über dem Strand gelegenen Ruinen. Am Eingang drängen sich uns und den anderen, vornehmlich amerikanischen Touristen schon Rudel von fetten, mindestens halbmeterlangen Leguanen und einigen Nasenbären entgegen, auf der Suche nach Snacks (Nasenbären) und – naja, was wollen die Leguane hier im Schatten der Bäume? Ich habe gerade noch die Erinnerung meiner letzten Begegnung mit Nasenbären vor Augen, wo tatkräftige Brasilianer die zähneflätschenden Snacknager mit Plastiktabletts vom Subway-Stand bekämpft hatten, um ihr Mittagessen zu verteidigen, kann aber ziemlich schnell beruhigt feststellen, dass die Biester hier kleiner, weniger agressiv und mit vermutlich gar keinen Reißzähnen ausgestattet sind. Wir werden hier wohl nicht mit klaffenden Bisswunden und Tollwut vom Platz gehen. Die Leguane sind auch erstaunlich zutraulich und sonnen sich so zahlreich überall da, wo keine Amerikanerinnen sich sonnen, dass man am Strand später noch aufpassen muss, wo man hintritt. Aber zuerst bestaunen wir die Ruinen: Es gibt einen Tempel für den Gott des Windes, ein anderer Gott fliegt auf irgendwas runter und hat auch mit Bienen zu tun und das beste Haus am Platz wird einfach nur „das Schloss“ genannt und trohnt mit perfekter Aussicht über das karibische Meer auf einer Klippe über dem Strand, als wollte es die Eine-Millionen-Punkte-Bewertung bei Airbnb knacken. Man sieht, dass wir beide kulturell noch so gar nicht mithalten können, kommt aber in den nächsten Wochen bestimmt noch. Vielleicht ist diese ganze Maya-Kultur hier ja auch gar nichts für uns. Jedenfalls verbringen wir den Tag in einem wunderschönen Park rund um die Tempel und Paläste, und um das kulturelle Erlebnis perfekt zu machen, liegt auch der malerischste Strand von Tulum genau vor den Maya-Ruinen! Wir springen also in die türkisfarbenen Wellen, sonnen uns zwischen den Leguanen und Amerikanern und schwingen uns irgendwann wieder auf die Räder zum benachbarten Playa Paraiso, wo wir die Abendstimmung mit einem Corona genießen und den längst seit mittags brennenden Sonnenbrand zu krebsroter Vollendung bringen. Für morgen ist Gott sei Dank schlechtes Wetter mit Regen angesagt, was perfekt dazu passt, dass Sara leider erstmal arbeiten muss. 

Am Tag darauf sind wir aber wieder unterwegs, mit den geliehenen Rädern vom Hostel nebenan. Nach dem Frühstück fahren wir zur Grand Cenote, einer abgesenkten Grube, die ähnlich wie eine Tropfsteinhöhle durch Versickern des Grundwassers im Kalksteinboden entstanden ist. Besser gesagt ist die Grand Cenote eine Tropfsteinhöhle direkt unter der Erdoberfläche, deren Decke eingestürzt ist. Zwischen zwei Eingängen gibt’s deshalb auch eine Höhle, durch die man von einer Cenote zur andern schwimmen kann. Die Wände und die Überhänge der Decke sind dann auch reichlich mit Stalaktiten geschmückt und einige weit in die Tiefe reichende Abgründe lassen vermuten, dass sich hier ein größeres verzweigtes Höhlensystem anschließt. Zur Unterhaltung der weniger geologisch interessierten Touristen haben sich einige Schildkröten eingefunden (oder wurden hier ausgesetzt?!) und die Stalaktiten-Wände machen sich super als Fototapete für Instagram. Deshalb wird an allen Ecken eifrig geposed, sich vor Handys gestreckt und geräkelt. Später am Strand und auch in der Stadt kann man überall den Unterschied sehen, ob jemand einfach nur doof ein Foto macht, oder ob junge Digital Natives ambitioniert Lifestyle-Content für ihre Kanäle produzieren. Scheint also ein mega-trendiges Reiseziel hier zu sein. Spätestens als uns auf dem Heimweg zum Sonnenuntergang ein aufgewühlter Asiate auf einem Longboard entgegenkommt, alle Radfahrer auf dem Radweg mit seinem Handy filmt und dabei euphorisch ruft: „Juhu, this is Tuluuuuum!!!“ wird uns klar, dass hier auf Insta der Nabel der Welt sein muss. 

Bis dahin machen wir bei lockerem Sonnenschein, was wir gelernt haben, schnorcheln durch die Cenote und tauchen in die Höhlenabgründe ab, liegen in der Sonne, arbeiten an unserem Teint und lassen die Palme über uns sich gemächlich im beständigen, warmen Sommerwind wehen. Gegen Mittag fahren wir zurück nach Tulum und essen Pizza bei Dominos, genießen das staubige mexikanische Fernstraßenambiente, das sich uns bietet und machen uns weiter auf den Weg zum Strand. Der ist lang und etwas überfüllt und der Wind weht den Sand überall hin, dass man ständig aufs Neue frisch paniert wird. Dagegen hilft nur ein frisches Corona! Im staubigen, goldenen Abendlicht machen wir uns mit tausend andern Beach Bums auf dem Rad zurück in die Stadt und die Stimmung ist, nach einem großartigen Tag mit wunderbarem Wetter, wirklich einzigartig! Hoffen wir mal, der asiatische Typ hat das auch alles gut in seinem Video festhalten können. 

Zu Abend essen wir da, wo die Locals essen gehen und ich brenne mir den letzten Lebenswillen mit selbstgemachten Tacos aus der Mundhöhle. Es stimmt aber gar nicht, dass alles mexikanische Essen ultrascharf ist: Coca Cola schmeckt ganz normal (wenn man vorher nix scharfes gegessen hat) und alles, was die Sara bestellt, ist auch genießbar. Leider wird sich dieselbe Situation noch mehrfach wiederholen. Ich habe aber noch nicht ganz aufgegeben, mir mein Essen selbst auszusuchen. 

Peter.

Kategorien: Weltreise 2020

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