Nach über einem Jahr harter und spannender Arbeit in der Schweiz war es an der Zeit für eine wohlverdiente Auszeit. Wie es der Zufall so will, starteten Sara und Peter etwa zeitgleich ihre lang geplante Weltreise. Da hänge ich mich doch dran, dachte ich. Mit Condor nach Cancun, von dort direkt nach Belize und im Anschluss eine Woche tauchen und feiern in meiner zweiten Heimat Utila. Und letztlich entspannt zurück zum Anfangsort via Honduras, Guatemala, El Salvador und noch ein paar Ecken in Mexico. 4 Wochen Entspannung und Abenteuer zugleich, um mir danach im konjunkturell blühenden Europa einen neuen Job zu suchen. Easy … wie der Schweizer sagt.

Soweit der Plan.

Am Anfang hat das auch alles super geklappt. Der Flug wurde nicht gecancelled und war auch wider Erwarten fast voll. In Cancun angekommen, bin ich leider in die „der City Bus ist gerade gefahren, der nächste geht erst in 3 Stunden und hier ist only exit, not entry“-Tourist-trap gefallen und habe mir für 500 Pesos ein Taxi zum Busbahnhof in die Stadt geleistet. Whatever. Bisher soweit so gut.

Nächste Etappe: Nachtbus nach Belize City, um dann morgens mit der Fähre nach Caye Caulker überzufahren, wo ich Sara und Peter treffen sollte. Die ADO Busse machen Ihrem Ruf alle Ehre. Super bequem. Kein Vergleich zu den deutschen Langstreckenbussen. Er war auch bis nach Chetumal – der letzten Station vor der Grenze – so gut wie leer. So konnte ich auch einigermaßen gut schlafen, was sich noch als hilfreich erweisen sollte.

Point of no return

Erste Warnung einer potenziellen Planabweichung dann an der mexikanischen Grenze zu Belize. Nach kurzer Sichtung unserer Pässe (nur das Land war von Interesse) meinte die mexikanische Grenzbeamtin sinngemäss: „Also ich kann euch jetzt euren Ausreisestempel geben, aber alle aus Europa kommen wohl nicht rein und dann müsst ihr nochmal Einreisegebühr bezahlen, wollt ihr es trotzdem versuchen?“ Vor die Wahl gestellt, an einem verlassenen mexikanischen Grenzcheckpoint um 5 Uhr morgens zurückgelassen zu werden und im worst case noch einmal 25 Euro zu bezahlen, falls die Einreise doch nicht klappen sollte, habe ich mich logischerweise für letzteres entschieden. Bestätigt in unserer Hoffnung wurden wir alle durch einen Mitreisenden (Typus narcisstischer Dummschwätzer), Schweizer Pass, aber nur des amerikanischen Englisch mächtig. Angeblich auch im Besitz eines Belize-Pass, den er allerdings leider nicht dabei hatte.

Er: „Das war die Grenze, wir fahren jetzt durch ohne weitere Checks.“

Wir: „Bist du dir sicher? Das war doch eben erst die Ausreise. Das entscheidende ist doch die Einreise …(?)“

Er: „Nein, so ist das hier nicht, habe auch mit dem Busfahrer gesprochen. Alles gut. Wir sind jetzt durch.
Ich bin Belize Staatsbürger, ich kenn mich hier aus.“

Das war natürlich alles BS (dazu unten mehr). Aber es ist schon psychologisch interessant – im Nachhinein reflektiert – wie Menschen (including myself), die es eigentlich besser wissen müssten, mit der Unsicherheit und mangelnder Erfahrung in so einer Situation und wider besseres Wissens im Greifen nach dem „Alles-wird-gut-Strohhalm“ auch offensichtlichen Dummschwätzern glauben (möchten). Anyway, long story short. Natürlich gibt es auch eine EINREISE-Kontrolle nach Belize. Hier eine chronologische Auflistung der Erfahrung (inklusive der Zeiten zwischendrin, währenddessen wir nicht aus dem Bus durften – zum Glück war es bequem und die Klimaanlage funktionierte):

  • Busfahrer geht durch den Bus und jeder muss sein Herkunftsland auf ein Stück Papier schreiben.
  • 45 Minuten später: Busfahrer kommt erneut in den Bus und nun muss jeder das Datum hinzufügen, wann man das letzte Mal in seinem Herkunftsland war.
  • Weitere 30 Minuten später: Busfahrer besucht uns erneut mit der Miteillung: „Es kommt jetzt ein Arzt und nur wer gesund ist, kann über die Grenze.“ Auf die Frage, wann denn dieser Arzt käme: „No se, so zwischen 1 und 5 Stunden.“

Nach rekordverdächtigen 90 Minuten (kann man durch Aufregung Fieber bekommen? Mir schien es so 🙂 ) kam dann der Arzt inklusive mobilem Zelt und die erste Person wurde vorgelassen. Wir waren insgesamt ca. 20 Personen im Bus und haben, nachdem die erste Person nach 20 Minuten von der „Visite“ zurückkehrte, schon die Gesamtzeit hochgerechnet. Das hatte sich aber nach dem Bericht von Patient Zero relativ erledigt, die mit der Info wiederkam, die ärtzliche Überprüfung für die Einreise sei zwar essientiell, Grundvorraussetzung wäre jedoch, dass man in den letzten 30 Tagen nicht in Europa gewesen sei.

See you later, Belize. Mit ein paar anderen unglücklichen Europäern habe ich mir dann schnell das einzig verfügbare Taxi geschnappt und bin aus dem Niemandsland wieder zurück nach Mexico in die nächstgelegene Stadt – Bacalar. Womit ich jetzt endlich zum eigentlichen Inhalt des Artikels komme:

Bacalar … what the fuck is corona?

Bacalar befindet sich im Süden der Yucatan-Halbinsel, im Bundesstaat Quintana Roo. Bekanntere Orte in der Nähe: Cancun und Playa del Carmen. Anders als die beiden eben genannten Condor-Touri-Hotspots ist Bacalar noch nicht dem Pauschaltourismus verfallen, wohl auch, weil etwas zu weit für eine „Bettenburgen-Tagestour“, aber trotzdem nicht völlig ab vom Schuss. So ergibt sich dort ein Mix aus Individualreisenden und „abenteuerlustigen Bettenburglern“, die sich auf eine gebuchte 2-Tages-Tour trauten. Insgesamt eine mexikanische Kleinstadt, mit einem interessanten Mix aus Tourismus-Fokus und einem „ganz normalen“ Ort. Playa del Carmen vor 20 Jahren lässt grüßen.

Tag 1

Nachdem ich mich nach meiner Anreise-Odysee in einem beliebigen Hostel einquartiert hatte und den ersten Tag mehr oder weniger komplett im Bett verbrachte, traf ich mich dann am nächsten Tag mit Peter und Sara, die es tatsächlich von Belize über die Grenze geschafft hatten und unser Abenteuer konnte beginnen.

Erster Punkt auf der Agenda, nach einem ausgiebigen Brunch/Frühstück war es, eine Unterkunft zu finden und etwas den Ort zu erkunden.

Der oben genannte „Menschen-Mix“ spiegelt sich auch in dem Angebot des Ortes wider. Auf der einen Seite ganze normale „Local Tiendas“ und auf der anderen Seite die typischen Restaurants und Clubs, die der amerikanischen Vorstellung von Mexico entsprechen, aber zum Glück erstaunlich wenige der immer gleichen Touri-Souvenirshops. Es gibt in dem Ort viele Hostels, kleine Hotels und B&Bs. Allerdings eine überschaubare Anzahl „am Wasser“.

Wenn ich Wasser sage, dann meine ich nicht das karibische Meer, was einem wohl spontan in den Sinn kommt. Die Stadt ist benannt nach dem gleichnamigen See: 42 Kilometer lang und an einigen Stellen nur 2 km breit ist dieser See aus einem Zusammenschluss mehrerer Cenoten zu verdanken und wird auch „der See der sieben Farben“ genannt. Dass der Name hält, was er verspricht, seht ihr auf den Fotos.

Wir wollten also natürlich unbedingt „ans Wasser“. Nach kurzer Suche quatierten wir uns im Green Monkey Hostel ein. Direkt am Ufer des wunderschönen Sees, mit eigenem Steg. Vom Zimmer abgehend eine eigene große Terrasse, die man sich allerdings mit den ebenfalls sehr freundlichen Hunden des Hostels teilen musste, was wir natürlich sehr gerne getan haben.

Angekommen haben wir erstmal einen ausgiebigen „Corona im See“-Nachmittag zelebriert, um dann später auf unserer Terrasse auf Rum&Coke zu wechseln. Corona war aber trotzdem noch mit dabei: So haben wir zwischenzeitlich einen der Hunde getauft.

Tag 2

An den nächsten Tag erinnere ich mich weniger detailliert. Nein, ich war nicht verkatert (obwohl das vllt. auch ein wenig). Es war schlimmer. Ich war verbrannt.

Die Gleichung zu diesem Ergebnis: heiß + weiss + draußen – Sonnencreme = ROT

Nachmittags schauten sich Sara und Peter die historische Festung in Bacalar an (wo ein echter Pirat begraben wurde), während ich versuchte – die Sonne vermeidend (unmöglich) – sonnenschutzrelevante Accessoires zu shoppen und außerdem einen Metzger zu finden. Denn unser Hostel hatte einen Grill, den wir gerne nutzen wollten. Die Suche nach Honig für die Fleischmarinade war leider erfolglos. Aber man ist ja kreativ und hat es einfach durch Himbeer Marmelade ersetzt und einen superleckeren Grillabend gehabt – wie auch am Abend davor begleitet mit Cola&Rum und unserem Hund Corona.

Tag 3

Am nächsten Tag haben wir uns dann in die wunderschönen Weiten des Bacalar-Sees gewagt, in Form einer Motorboot-Tour, um – wie es hieß: „über die Lagune fahren, Cenotes sehen und schnorcheln“. Streng genommen war das wohl auch eine akkurate Beschreibung. Allerdings sind die Cenotes in der Laguna Bacalar nicht zum Schnorcheln geeignet. Es sind wohl Wasserlöcher, die bis zu 2000 Meter tief sind und einen gefährlichen Tiefensog entwickeln, der lebensgefährlich sein kann. Somit war unser Cenote-Teil der Tour darauf beschränkt, über die Cenote zu fahren und darüber etwas erzählt zu bekommen. Leider das Ganze auch nur in Spanisch ;-). Aber egal, es war trotzdem ein sehr lustiger Ausflug.

Abends gab es dann ein angekündigtes Livekonzert von irgendeiner lokalen Band. Seit wir vor drei Tagen in das ausgebuchte Hostel eingecheckt hatten, waren wir seltsamerweise mittlerweile die einzigen verbliebenen Gäste. Trotzdem waren wir gespannt, hatten hohe Erwartungen. Um 9 Uhr war noch mehr oder weniger kein Zuschauer da. Wir sind dann „irgendwie aus Mitleid“ runter in die Bar und haben was bestellt. Ne halbe Stunde später war die Bude voll. Das waren alles Locals, die im Tourismus arbeiten und vor ihrem „Day-Off“ feiern gehen. Sehr coole Musik und sehr coole Stimmung. Die letzte Party pre Corona.

Tag 4

It’s time to move on. Da Corona all unsere eigentlichen Pläne der Lateinamerikareise durchkreuzt hatte … Hello Mexico, we stay & explore !!!!

Wir entschieden uns, ein Auto zu mieten. Naja, online war das auch alles buchbar. In der Realität war bei der einzigen Autovermietung in Bacalar das eine Auto unterwegs und das andere kaputt. Nachdem Google Maps Wanderungen über 3 km durch die halbe Stadt uns zu Brachland statt zu Autovermiet-Alternativen geführt hatten, mussten wir umdisponieren.

Also Rucksäcke packen und ab zur Busstation, mit ADO zum Chetumal Airport, wo wir hoffentlich mehr Glück haben werden.

Eigentlich ist ja „Auto mieten“ auf einer Backpacker-Reise ein No Go. Man will ja schließlich in die lokale Kultur eintauchen und dazu gehört auch das Reisen mit dem lokalen – nicht touristischen – ÖP(N&F)V. Nun ist die Gegend von Mexico, in der wir coronabedingt unterwegs waren, jetzt nicht der klassische Backpacker-Langzeit-Aufenthaltsort. Um auch entlegenere Orte zu erkunden und auch um insgesamt flexibler zu sein, entschieden wir uns also, ein Auto zu mieten.

In Bacalar war das, wie erwähnt, leider nicht möglich. Am Flughafen in Chetumal erwarteten uns also einige sehr um Arbeit bemühte Autovermieter. Á la „the best sales guy gets the deal“ sind wir direkt von einem „ins Office“ gezogen worden, der dann „den Deal auch direkt geclosed hat“. Die Vollkasko-Versicherung, über deren Für und Wider wir im Vorfeld ohne finales Ergebnis diskutiert hatten, wurde dabei ganz selbstverständlich als Teil des Deals inkludiert, was sich noch als sehr hilfreich erweisen sollte. Zudem gab es über 50% Rabatt auf den Standard-Preis. So hat Corona auch seine Vorteile.

Also auf nach Mahahual! … vorher aber noch einkaufen. Nach den Tante-Emma-Läden war das Einkaufszentrum eine Abwechslung. Und auch noch einmal eine Erinnerung der Einkaufzentren-Kultur in Amerika. Jede mittelgrosse Stadt hat quasi eines, das mit den Top-Ten in Deutschland mithalten kann. Inklusive Food Court – das gibt in Deutschland meines Wissens nicht. Vielleicht auch gut so. Aber wenn man wirklich hungrig ist … nothing better … Wir haben uns dort mit sehr preiswertem und glutamathaltigem chinesischen Essen für unsere anschließende Fahrt gestärkt.

Kategorien: Weltreise 2020

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